Wenn Botox die Einschränkung lockert
Botox entspannt. Und zwar nicht nur die Stars und andere, die sich vor dem Altern fürchten. Es gibt einen weniger sinnlosen und regelrecht therapeutischen Einsatz von Botulinumtoxin. Menschen mit Behinderungen kennen das gut. Die Substanz kann die Muskeln entspannen. «Genauer gesagt bremst sie die Kommunikation zwischen dem Nerv und dem Muskel», erklärt Dr. Christopher Newman, leitender Arzt, PD & Lehr- und Forschungsbeauftragter der Einheit für Neuropädiatrie und Neurorehabilitation bei Kindern des Universitätsspitals Lausanne. Dieser Effekt ist mehr als erwünscht bei allen Problemen mit Muskelhyperaktivität wie dieser besonderen Form der Spastik: zu tonische Muskeln, welche die oberen oder unteren Gliedmassen in zusammengezogenen, schmerzhaften Haltungen erstarren lassen und bestimmte Bewegungen behindern.
Dank der Botulinumtoxin-Injektionen können die Bewegungen gefördert, die Fortbewegung, das Gehen, die Feinmotorik in Hand oder Arm verbessert und Schmerzen gelindert werden. Beispielsweise bei Kindern, die aufgrund einer motorischen Beeinträchtigung auf Zehenspitzen gehen, wird Botulinumtoxin hinter das Wadenbein gespritzt, so dass sie den Fuss für einen harmonischeren Gang bis zur Ferse absetzen können. Bei gewissen Personen im Rollstuhl wird es auf der Ebene der Adduktoren verabreicht, um den Transfer (z.B. vom Bett in den Rollstuhl) und die insbesondere die Intimpflege zu erleichtern. «Gewisse Kinder haben stark verkrampfte Hände mit den Daumen in der Hand. Es wird in die Fingerbeuger injiziert, um die Hand zu entspannen und es der Person zu ermöglichen, Objekte weiter zu erforschen oder sogar zu greifen.»
Theoretisch kann Botulinumtoxin in jeden Muskel injiziert werden. Auch in die Kiefermuskeln von Kindern, die mit den Zähnen knirschen oder in die Speicheldrüsen bei Menschen, die sabbern. Und das ist nicht neu. «Botulinumtoxin wird bereits seit 20 Jahren eingesetzt, zunächst in der Augenheilkunde zur Behandlung von Strabismus. Auch heute ist es noch dafür im Einsatz. 1993 erschien die erste Publikation über die Verwendung dieses Toxins bei Kindern und im Universitätsspital Lausanne benutzen wir es seit 14 Jahren. Es ist Teil der üblichen Praxis. Es ist ein anerkannter Standard, eine effektive und weltweit sehr sicher in der Behandlung von Kindern», erzählt Dr. Christopher Newman.
Jeden Monat setzt der Spezialist einen Vormittag dafür ein. Das ergibt etwa sechzig Kinder pro Jahr. Die Injektionen werden in Tageskliniken durchgeführt. Die Wirkung zeigt sich nach drei bis sieben Tagen, spätestens nach einem Monat. Sie hält zwischen vier und sechs Monaten an. Die Nebenwirkungen beschränken sich auf jene eines Impfstoffes.
Nun, wir sind weit entfernt von den Botox-Injektionen, die auch vor der Oscar-Verleihung oder bei Männern vor einem wichtigen Meeting gefragt sind, um übermässiges Schwitzen der Achseln oder Schweisstropfen auf der Stirn zu stoppen. Jaja, auch das kann das Botulinumtoxin.